Es heißt, Frauen hätten Rape-Fantasien. Dem möchte ich widersprechen. Frauen haben keine Rape- sondern Forced-Yes-Fantasien, in denen der Mann sie zwingt, ihre eigene Lust zu erleben, ob sie das nun wollen oder nicht. Das sind Fantasien von Fremdbestimmung und einer Sexualisierung, die wir gemeinhin aus kulturellen Gründen zu unterdrücken gewöhnt sind. Der Mann zwingt uns also nicht rücksichtslos seine Lust auf, sondern zwingt uns, unsere eigene Lust auch gegen unseren Willen auszuleben.
Bei Rape geht es um Demütigung und Entmenschlichung.
Nach außen können diese beiden Tropes nahezu identisch aussehen, but there is a thin red line between Rape and a forced yes. Eine rote Linie, die in der Realität nicht existiert.
In der Literatur ergibt sich ein Paradoxon an dieser Stelle, denn was in der Realität unmöglich erscheint, weil Mann Hellseher sein müsste, um diese rote Linie nicht zu überschreiten, ist hier machbar. Denn hier findet jede Spice-Szene quasi zu dritt statt. Die Autorin wacht darüber, dass der MMC nichts tut, was der FMC und somit seinem Love Interest schadet, und sie wohlbehalten im Happy End ankommen können. Egal, wie sehr er sie also zwingt, am Ende bekommt sie exakt das, was sie will. Ein »literarischer Konsens« ist also gegeben und zugleich können Lesende ihre eigenen (nicht realisierbaren) Fantasien ausleben.
Die Diskussion um Rape in einem Teil der Dark (NA) Romance macht inzwischen leider keinen Unterschied mehr zwischen diesen beiden Tropes und überträgt Anforderungen und Grenzen unserer Realität ziemlich hemmungslos auf das Literarische. Leute, hört auf damit! Unsere Sozialisation unterdrückt uns im Alltag schon stark genug, nehmt jenen, die Forced-Yes-Fantasien haben, nicht auch noch diesen Raum, um sich auszutoben. Wir wissen, dass das in der Realität nicht funktioniert, deswegen lesen wir es ja auch.
Richtig sauer stößt mir dabei auf, dass als absolutes Totschlag-Argument auf Kinder verwiesen wird, die man vor diesen Büchern schützen möchte. Jugendliche (die haben das nicht so gern, Kinder genannt zu werden), die aufgrund solcher Bücher denken könnten, dass so etwas real ist.
Ich habe mit 12 angefangen, Romance zu lesen. In einer Zeit, in der in den sog. Bodice Rippern Rape und Forced Yes vollkommen normal war. Meine Mutter hat mich zu einem im kantschen Sinne mündigen und aufgeklärten Menschen erzogen, ich habe nie bezweifelt, dass das, was ich lese, nicht auf die Realität zu übertragen ist.
Ich habe auch nie damit gerechnet, dass mich ein Buch in eine unendliche Geschichte zieht, damit ich die kindliche Kaiserin rette.
Weil man mir beigebracht hat, den Unterschied zwischen Fiktion und Realität zu kennen.
Wenn eure Kinder das nicht beherrschen, dann liegt das Problem nicht bei den Büchern. Es liegt bei euch, denn ihr habt vergessen, sie dahingehend zu unterrichten.
Teach. Your. Children.
Instrumentalisiert sie nicht, weil ihr selbst überfordert seid mit dem, was ihr lest.
Ihr mögt kein Forced Yes? Fein. Alles gut. Aber hört bitte auf, mit fadenscheinigen Argumenten ins Feld zu ziehen, um es auch allen anderen zu verbieten.
Wir brauchen keine FSK für Bücher. Wir brauchen mündige und aufgeklärte Bürger. Das ist Job der Eltern, nicht der von Autor*innen oder Staat.
Ich selbst lehne den Rape-Trope auch ab. Aber es wird veröffentlicht, wonach gefragt wird. Werft Autor*innen und Verlagen nicht vor, was sie veröffentlichen. Fragt euch lieber, warum die Nachfrage nach diesem Trope so hoch ist, dass diese Bücher so erfolgreich sind. Und ob ihr nicht auch darüber nachdenken solltet, wie gut eure eigenen Fähigkeiten sind, Literatur und Realität voneinander zu unterscheiden, wenn ihr an ein eskapistisches Genre realistische Ansprüche stellt.