“Ich kaufe die Dinge am liebsten im Angebot.”
Joa, tun wir alle, die wenigsten stellen sich jedoch die Frage, warum es solche Angebote gibt.
Sie sind eine Marketingstrategie, um eine neue Zielgruppe zu erschließen. Sprich: Jene Menschen als Kunden zu gewinnen, die zuvor andere Produkte bevorzugten. Nicht selten bewegt sich die Gewinnspanne des Unternehmens dann im Minusbereich. Die Hoffnung dahinter ist simpel: Die neuen Kunden von der Qualität des Produktes zu überzeugen (oder der gesamten Marke), damit diese künftig DIESES und nicht mehr JENES Produkt kaufen.
In jedem Bereich der Wirtschaft gehören solche Marketingaktionen zum Standard.
Ich habe nie erlebt, wie man dem Hersteller dann vorgeworfen hat, dass er mit Dumpingpreisen (was sie de facto nicht sind, denn es sind keine dauerhaften Preise) anderen Herstellern ihren Teil des Marktes wegnimmt.
Erstaunlich finde ich jedoch, was passiert, wenn eine Lektorin, die sich gerade einen Kundenstamm aufbauen will, das tut. Sie macht exakt das Gleiche, trotzdem wird sie für genau diese etablierte Strategie gebasht und diverse non mentions geistern tags darauf durchs Netz.
Nein, sie kann von dem genannten Preis nicht leben. Aber nein, sie verkauft sich auch nicht unter Wert. Außerhalb ihres – klar als solchen gekennzeichneten – Angebotspreises, hat sie normale Preise.
Sie kann aber genauso wenig von ihrer Arbeit leben, wenn sie solche Taktiken nicht nutzt.
Vielleicht wird sie dadurch anderen Lektor:innen Kunden wegnehmen. Das kann sie aber nur, wenn sie mit ihrer Qualität im Rahmen des Angebots überzeugt. Nur dann wird der Kunde bleiben und künftige Aufträge zum normalen Preis an sie vergeben.
Der Lektor, dem sie einen Kunden wegnimmt, verliert nicht, weil sie billiger anbietet, sondern weil sie fachlich besser ist und/oder mit dem Kunden besser harmoniert. Die kurzfristige Marketingstrategie, die sie dafür genutzt hat, ist lediglich ein Door Opener gewesen.
Als Lektor ist man Unternehmer und hat entsprechend unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Ihr wollt Solidarität? Wie wäre es, wenn ihr dann bei euch anfangt und Berufseinsteigern zu realistischen Preisen eine Chance gebt? Denn dann müsste man diese vollkommen normale Strategie gar nicht erst anwenden.
Ich wünsche ihr alles Gute, ganz viel Erfolg und dass sie solche Aktionen nicht mehr machen muss, weil sie mit ihrer Qualität überzeugt und keine Door Opener mehr benötigt.