Ich bin genervt. Seit Jahren lese und schreibe ich Romance. Auch Dark Romance. Und euer ewiges

»das ist unrealistisch«

geht mir auf den Sack. Sei es bei der Diskussion um Verhütung in den Büchern, sei es bei der vermeintlichen Romantisierung von allem Möglichen. Selbst euer »Warum gehen die Protas nie aufs Klo?« hängt mir mittlerweile zum Hals raus.
Romance ist Eskapismus. Sie will unterhalten und mit einer positiven Schlussnote enden.

Eskapismus = Flucht aus der Realität.

Ja, richtig. Aus. Der. Verf… Realität.
Wenn ihr also nicht aus der Realität für die Dauer eines Buches fliehen wollt, dann lest keinen Eskapismus. Denn dort müsst ihr damit rechnen, dass eine Eule euch Briefe bringt, ein Schrank nach Narnia führt, Liebesgeschichten immer ein Happy End haben, der Kriminalfall am Ende immer gelöst wird, der Psychopath seine weiche Seite entdeckt und die Welt für die FMC in Brand setzt, um sie zu retten. Dort müsst ihr auch damit rechnen, dass die Protas nicht aufs Klo müssen, denn dieser Akt bringt die Story nicht voran und alles, was keine Relevanz besitzt, wird als Info-Dump gestrichen.
Figuren in Büchern werden nicht schwanger, weil die Autorin das nicht will. Beste Verhütung im Eskapismus ever: Die Autorin will das nicht, also passiert es auch nicht. Dort kann sich sogar eine außerirdische Spezies problemlos mit Menschen fortpflanzen, wenn die Autorin das so entscheidet. (Sorry, Ralph, aber wir sind einfach allesamt Petunien.)
Eure ewige Forderung, dass Eskapismus realistisch sein soll, entlarvt eure eigene fehlende Rezeptionsfähigkeit.

Habt ihr im Deutschunterricht damals nichts gelernt?

»Ja, aber die Kinder …«
Vorwand, um eure eigene Überforderung zu verschleiern. Eure Kinder wachsen mit Märchen auf. Geschichten, die sogar extrem schwierig sind – nicht weil am Ende die Hexe gegrillt wird, sondern weil sie mit ihren verdeckten Erziehungsbotschaften maßgeblich dazu beitragen, dass Mädchen lernen, dass sie eines Mannes bedürfen, um gerettet zu werden.
Aber was macht ihr? Schreibt das Märchen um, damit die Hexe am Ende nicht im Ofen landet, weil das das Kind verstören könnte. (Wohlgemerkt ein Kind, das noch gar kein Konzept von Tod hat, aber die einfache Moral »das Böse wird bestraft« braucht.) Aber Schneewittchens Verhalten (sobald sie etwas tut, was die Zwerge ihr verboten haben, passiert etwas Schreckliches = Mädchen sind unfähig eigene Entscheidungen zu treffen und sollen das den Männern überlassen) wird von euch nicht reflektiert.
Ich bin mit dem Satz aufgewachsen: »Das ist nur eine Geschichte.«
Und jetzt frage ich euch: Wo seid ihr falsch abgebogen, dass ihr den Satz nicht mehr erfassen könnt?
Ihr mögt keinen Eskapismus. Fein. Es gibt genug Genres, die realistische Ansprüche stellen. Aber hört auf, euch wie der Typ mit dem Hammer immer wieder auf den Daumen zu hauen und euch dann darüber zu beschweren, dass es wehtut.
Wir lesen Eskapismus, weil wir keinen Bock auf diese Realität haben. Turns out: Wir machen das bewusst. Du musst uns nicht ständig sagen, dass das nicht realistisch ist. Wir wissen das. Wir wollen das so.

Don’t threaten us with a good time.

Du kannst Forced Yes im Eskapismus nicht von Vergewaltigung in der Realität unterscheiden? Well, das ist ein Du-Problem, projiziere das bitte nicht auf mich. Oder auf die Literatur, die ich brauche, um diese Realität, die du so vergötterst, für eine Weile hinter mir zu lassen.